Forschungsprojekt DemO3AC: Erstes Fazit zur Ozonungsanlage in der Aachener Soers
Seit Januar 2018 werden auf der WVER-Kläranlage Aachen-Soers, im Rahmen eines europäisch einzigartigen Forschungsvorhabens, Spurenstoffe im Abwasser, wie zum Beispiel Reinigungs- oder Arzneimittelrückstände, mit Ozon eliminiert. „Demonstrationsvorhaben Ozonung des Abwassers auf der Kläranlage Aachen-Soers“, oder kurz DemO3AC, so der Titel des Projekts, das in den nächsten Monaten ausläuft.
Oberstes Ziel war, den Nutzen einer Ozonanlage für die Abwasserreinigung und das Gewässer zu bewerten. Zudem wollte man die Ozonanlage verfahrenstechnisch optimieren. Die Ingenieurin Ira Brückner, Projektleiterin des Forschungsvorhabens, zieht nun – kurz vor Ende des Projekts – eine erste Bilanz:
Was können wir zum ersten Ziel sagen? Hat die Ozonanlage Effekte auf die Wurm, den Fluss, in den die Kläranlage Aachen einleitet?
Ira Brückner: Ja, wir eliminieren Spurenstoffe erfolgreich im Abwasser. Und ja, wir sehen dies auch im Gewässer: unterhalb der Einleitstelle sind die gemessenen Werte im Vergleich deutlich geringer geworden. Somit führt die Ozonanlage aus chemischer Sicht zu einer Entlastung der Wurm.
Welche Spurenstoffe gelangen nun nicht mehr oder in deutlich geringerer Konzentration ins Gewässer?
Ira Brückner: Neben den typischen Medikamentenrückständen, wie z.B. Diclofenac (Wirkstoff aus Voltaren, Schmerzmittel) oder verschiedenen Antibiotika (Clarithromycin, Sulfamethoxazol…), werden auch Substanzen eliminiert, die den Hormonhaushalt beeinflussen. Das sind nicht nur die östrogenen Wirkstoffe, wie sie zum Beispiel in Medikamenten zur Empfängnisverhütung vorhanden sind, sondern auch verschiedene Flammschutzmittel oder Zuschlagsstoffe für Kunststoffe. Hier hilft die Ozonanlage ebenfalls gut: anhand von Biotests konnte eine deutliche Verbesserung der Abwasserqualität in Bezug auf die östrogen-wirksamen, also die verweiblichenden Stoffe gefunden werden.
Gab es weitere Effekte, die sich im Verlauf des Forschungsvorhabens zeigten?
Ira Brückner: Zusätzlich reduziert Ozon Fäkalkeime, wie E. coli oder Enterokokken. Auch wenn diese Keime antibiotikaresistente Gene in sich tragen, werden sie durch Ozon eliminiert. Im Gewässer sind diese biologischen Parameter nur schwer der Kläranlage zuzuordnen, weil das Gewässer von vielen weiteren Quellen belastet wird, wie weiteren Kläranlagen, Sonderbauwerken, landwirtschaftlich genutzten Flächen, Siedlungs- und Verkehrsflächen… Doch wir geben die Hoffnung nicht auf, denn in der Wurm zeigte sich eine Gruppe „ganz angetan von Ozon“: die Wasserpflanzen – Makrophyten. Seitdem die Ozonanlage in Betrieb ist, verbesserte sich der Zustand der Wasserpflanzen. Dies kann wiederum positive Auswirkungen auf die Organismen im Gewässer haben: durch eine gesunde Pflanzenwelt im Gewässer werden die Turbulenzen im Wasser reduziert, was gut für die kleinsten Lebewesen ist. Zudem entstehen andere Beschattungsverhältnisse, und der Nährstoffrückhalt wird verbessert. So hat sich die Artenzusammensetzung der Kleinstlebewesen in der Wurm bereits verändert – einige Individuen der selteneren Arten tauchen nun vermehrt auf. Allerdings ist es ist wichtig, dass der WVER diese Untersuchungen fortsetzt, damit wir mit größerer Sicherheit unterscheiden können, ob wir von normalen Schwankungen oder echten Entwicklungen sprechen.
Wird der WVER hier über die Projektlaufzeit hinaus engagiert bleiben?
Ira Brückner: Zum Glück ist der WVER dazu bereit, und wir bleiben gespannt, welche Ergebnisse wir langfristig erhalten. Aus meiner persönlichen Sicht sehe ich den Nutzen der Ozonanlage für das Gewässer deutlich – auch wenn ich dies hier nur kurz anreißen konnte.
Wie sieht es mit dem zweiten Ziel des Forschungsprojekts aus – der verfahrenstechnischen Optimierung?
Ira Brückner: Grundsätzlich haben wir gute Betriebsweisen erarbeitet, die stabil und wartungsarm laufen. Aber wir können immer optimieren und werden dies auch weiterhin tun. Auch über das Forschungsvorhaben hinaus werde ich das Team der Soers in Bezug auf die Ozonanlage weiter unterstützen. Gemeinsam werden wir weiter an Themen der Messtechnik arbeiten und betriebliche Probleme lösen, wie beispielsweise die Verschmutzungen der Diffusoren (darüber wird das Ozon-Sauerstoff-Gasgemisch ins Abwasser eingetragen). Das Team der Soers, das sich im Wesentlichen um die Ozonanlage kümmert, ist mittlerweile richtig fit im Thema Abwasserozonung.
Müssen wir jetzt mit mehr Ozonanlagen im Verbandsgebiet rechnen?
Ira Brückner: Das ist weiterhin offen, eine politische Entscheidung dazu gibt es noch nicht. Meine persönliche Meinung ist, dass wir bei bestimmten Kläranlagen zukünftig mit der Vorgabe eines Ausbaus rechnen müssen: wenn diese beispielsweise an sensitiven Gewässern liegen, die einen hohen Abwasseranteil haben. Ein weiterer Grund könnten besondere Schutzzonen sein, wie Trinkwasser-Gebiete. Was konkret „zukünftig“ bedeutet, ist noch unklar. Sollte es so weit sein, dann gibt es beim WVER auf jeden Fall schon die nötige Expertise.
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