Interview: Rückblick auf das Bauprojekt "Renkerstraße"
Im Mai 2018 havarierte der Abwasser-Hauptsammler in der Dürener Renkerstraße: um sich ein Bild vom Ausmaß des Schadens und der Güte der vorhandenen Bausubstanz machen zu können, musste der WVER dort zunächst eine so genannte Heber-Konstruktion installieren, die das Wasser oberirdisch umleitete. Eine eingehende Inspektion ergab im September schließlich die Notwendigkeit eines Neubaus. Nach nur zwei Monaten Planungszeit stand das Konzept zu dem komplexen Bauvorhaben: Ab März 2019 startete, mit der Fertigstellung der neuen Hausanschlusskanäle und Hausanschlussleitungen, die erste Bauphase. Im Herbst 2019 machte eine unterirdische Vortriebsmaschine endlich den Weg frei für den neuen Hauptsammler. Dazwischen lagen einige unvorhersehbarer Ereignisse und Hürden, die vom Projektleiter Georg Frings stets schnelle Planänderungen sowie kreative Lösungen erforderten.
Zum Ende des Bauprojekts wirft der Bauingenieur für uns einen Blick zurück:
Sie haben in Ihrer beruflichen Laufbahn schon zahlreiche, auch große Bauprojekte betreut: Was machte die Baustelle in der Renkerstraße für Sie besonders?
G. Frings: Bislang betreute ich vor allem Bauvorhaben auf Kläranlagen und somit auf Grundstücken des WVER. Der Bau im öffentlichen Verkehrsraum ist etwas gänzlich anderes. An der Renkerstraße waren vom Bau des Hauptsammlers nicht nur die Bedürfnisse der besonders betroffenen Anwohner, sondern auch die Interessen des Krankenhauses Lendersdorf, des Industrieparks Niederau und der Rurtalbahn in der Planungsphase zu berücksichtigen. In kurzer Zeit musste der WVER eine Kommunikationsplattform für alle beteiligten Parteien etablieren, damit gemeinsame Lösungen gefunden werden konnten. Dies war vor dem Hintergrund der Haverie und der damit einhergehenden Beeinträchtigungen, wie z.B. Kellerüberflutungen, die wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe.
Was waren Ihre größten Sorgen oder Bedenken?
G. Frings: Wegen der extrem kurzen, zweimonatigen Planungszeit durch die unerwartete Havarie des Hauptsammlers konnten wir einige technische Fragestellungen nicht abschließend beantworten und mussten teilweise auf Basis der wahrscheinlichsten Annahmen starten. Dem Projektteam war klar, dass eine „ausführungsbegleitenden Planung“ in diesem Fall das Mittel der Wahl sein würde, um möglichst schnell tätig werden zu können. So war zu Beginn der Arbeiten zum Beispiel noch offen, ob ein in unmittelbarer Nähe zur Baugrube stehendes Gebäude in der Renkerstraße den Erschütterungen bei dem geplanten Spundwandverbau statisch Stand halten würde. Hier mussten wir uns Schritt für Schritt vorarbeiten.
Welche unerwarteten Herausforderungen mussten Sie zudem meistern?
G. Frings: Kurz vor Weihnachten 2019 fand der Kampfmittelräumdienst, der vor den Erdarbeiten die gesamte Fläche nach Sprengkörpern aus dem zweiten Weltkrieg durchsuchte, eine Bombe. Dies legte die Baustelle erst einmal still. Durch die Nähe zum Krankenhaus war die Beseitigung eine aufwändige und nervenaufreibende Sache: Sowohl Klinik als auch der angrenzende Industriepark mussten, unter großem logistischem Aufwand, teilevakuiert werden. Zum Glück lief hier alles problemlos. Aber auch andere baugrundbedingte Ereignisse, wie Straßeneinbrüche oder der Stillstand der Vortriebmaschine wegen unerwarteter unterirdischer Hindernisse im Baugrund, zwangen uns immer wieder zu Umplanungen. Im März 2020 konnten wir den Vortrieb abschließen.
Aktuell wirkt sich auch bei uns auf der Baustelle die Corona-Pandemie aus: Lieferengpässe bei den erforderlichen Schächten führen nun dazu, dass sich das geplante Projektende von Ende September auf Ende November verzögert.
Was denken Sie, war das Erfolgsrezept, dass dieses Bauprojekt trotz einiger Komplikationen erfolgreich beendet werden kann?
G. Frings: Ich denke maßgeblich war der Wille aller beteiligter Parteien, insbesondere auch der Stadtentwässerung Düren – diese Baumaßnahme zu einem Erfolg zu machen. Stete Kommunikation, viel konstruktiver Austausch und eine bleibende Flexibilität, um auch auf Unvorhergesehenes eine gemeinsame, schnelle und gute Lösung zu finden, waren zentrale Faktoren. Kreative, technische Ideen rundeten das Rezept ab.
Wie sieht es im Kontext der vielen Unwägbarkeiten mit dem Zeit- und Kostenrahmen des Projekts aus?
G. Frings: Durch die eben genannten baubetrieblichen Ereignisse wird der mit knapp 10 Millionen Euro geplante Kostenrahmen nennenswert überschritten. Die veranschlagte Bauzeit für beide Teilprojekte, Hausanschlusssammler und der Neubau des Hauptsammlers, verlängert sich um ca. 2 Monate.
Wann wird die Baustelle Renkerstraße nun final abgeschlossen sein?
G. Frings: Die reinen Bauarbeiten werden voraussichtlich Ende 2020 abgeschlossen sein. Die Prüfung der Schlussrechnungen und weitere „Satellitenbaustellen“, wie die Herrichtung von Parkplätzen für das Krankenhaus o.ä., werden sich wohl noch in das nächste Jahr hineinziehen.
Kommentare