Corona-Viren im Abwasser: Mögliches Frühwarnsystem
Nicht nur Virologen, auch Wasserfachleute beschäftigen sich mit Corona-Viren – und zwar im Abwasser: Nachdem bekannt wurde, dass Infizierte die Viren auch über den Stuhl ausscheiden, begannen Wissenschaftler damit, Corona-Viren auch im Abwasser auf kommunalen Kläranlagen nachzuweisen. Eine niederländische Forschergruppe entwickelte früh eine entsprechende Nachweismethode und so konnten im Rohabwasser verschiedener Städte tatsächlich Corona-Viren nachgewiesen werden. Mittlerweile sind auch hierzulande namhafte Forschungseinrichtungen damit befasst.
Es ist bekannt, dass sich die Menge an Viren, die ein infizierter Mensch ausscheidet – egal ob über die Atemwege oder über Stuhl -, im Verlauf der Infektion ändert. Ebenso unterscheidet sich diese Ausscheidungsrate von Mensch zu Mensch. Dennoch erhoffen sich die Forscher Erkenntnisse zur Infektionsrate aus der im Abwasser gemessenen Virenkonzentration. Wenn man im Rohabwasser, das einer Kläranlage zufließt, eine bestimmte Menge an Viren findet, hat man einen Anhaltspunkt für das Ausmaß der Infektionen unter den Anwohnern, die an diese Anlage angeschlossen sind. Stellt man dann im Abwasser eine Zunahme nachgewiesener Viren fest, könnte dies ein Hinweis auf einen Anstieg der Infektionszahlen im Einzugsgebiet sein. Man erhofft sich also eine Art „Frühwarnsystem“, das helfen soll, eine neue Infektionswelle möglichst frühzeitig erkennen zu können – noch bevor durch die üblichen Corona-Tests dieser Effekt erfasst wird.
Natürlich hat die Wissenschaft hier noch längst nicht alle Antworten – offene Fragen etwa sind:
- Wie gut sind die Nachweisverfahren für das SARS-CoV-2-Virus, d. h. wird ausschließlich diese und keine andere Virusart erfasst?
- Lässt sich die Methode standardisieren, und ist sie so zuverlässig und ausgereift, dass jedes Labor die gleichen Resultate erhält?
- In welchem Ausmaß ist ein Anstieg der Viren-Konzentration wirklich signifikant, d. h. wie groß sind „normale“ Schwankungen in der Virusbelastung des Abwassers von Tag zu Tag?
Die Forschung steht noch am Anfang und es ist noch nicht absehbar, ob auf diese Weise tatsächlich ein belastbares Werkzeug zur Früherkennung entwickelt werden kann.
Der WVER unterstützt derzeit mehrere laufende Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet – auch über die Landesgrenzen hinaus: Im engen Austausch mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Konsortien stellen wir Abwasserproben von zahlreichen unserer Kläranlagen zur Verfügung. Wegen des außergewöhnlichen Infektionsgeschehens ist der Kreis Heinsberg für die Forscher von besonderem Interesse, so dass vor allem Proben von den dortigen Anlagen im Fokus stehen. Noch ist es sicherlich zu früh für eindeutige Aussagen, aber der Ansatz ist erfolgsversprechend.
Kommentare