Der Verband bleibt auf Kurs: Fazit nach einem Corona-Jahr
Dr. Joachim Reichert, Vorstand des WVER, blickt im Gespräch zurück auf das Corona-Jahr im Verband und zieht eine erste Bilanz:
Ziemlich genau ein Jahr ist es nun her, dass auch im WVER der erste „Lockdown“ ausgerufen wurde: Wie hat der WVER auf die Coronakrise reagiert?
Mit Bekanntwerden der Krisensituation im Kreis Heinsberg wechselten auch wir als Verband sogleich in den Krisenmanagement-Modus, schließlich galt und gilt es zu jeder Zeit den Betrieb unserer kritischen Infrastruktur sicher zu stellen. Zudem war es absolut prioritär unsere Mannschaft zu schützen und so unseren Teil beizutragen, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Die meisten MitarbeiterInnen der Verwaltung befanden bzw. befinden sich seither im Homeoffice. Der Teil der Belegschaft, der im Betrieb draußen auf den Anlagen oder in der Fläche unterwegs ist, arbeitet im Zwei-Schichtsystem, so dass sich die einzelnen Schicht-Teams nicht begegnen. Das stellt im Ansteckungsfall sicher, dass wir den Betrieb aufrechterhalten können.
Was bedeutete der Krisenmanagement-Modus konkret?
Zunächst konstituierte sich ein achtköpfiger Krisenstab, der klare Leitlinien und Vorgehensweisen definierte und ad hoc auf Lageänderungen und steigende Inzidenzen reagierte. Der Krisenstab tagte seither regelmäßig – insgesamt 72 Mal, meist digital. Rundmails halten die Belegschaft ständig auf dem Laufenden. Überall da wo möglich, stellten wir auf Remote-Arbeitsplätze um: innerhalb kürzester Zeit wurden 110 weitere Notebooks, 80 zusätzliche Webcams, 30 IPads und ebenso viele Diensthandys für die MitarbeiterInnen beschafft.
Gleichzeitig stellten wir unsere Meeting-Kultur von Präsenz auf Online um: Mit GotoMeeting und GotoRoom haben wir hier gut funktionierende Systeme entwickelt. Selbst unsere Verbandsversammlung im vergangenen Dezember oder das abschließende Symposium zum Forschungsprojekt DemO3AC mit rund 180 TeilnehmerInnen überführten wir erfolgreich in den digitalen Raum. Auch unser Schriftverkehr wurde angepasst: Vom Posteingang und -ausgang bis hin zur Besprechungsvorbereitung sowie -nachbereitung – wir leben mehr und mehr das digitale Büro.
Das klingt zunächst einmal sehr gut: Wie bewertet Ihr Team denn die neue Situation im dauerhaften Homeoffice? Gab es Probleme?
Zwei Mitarbeiterbefragungen im Frühjahr und Sommer 2020 sollten sicherstellen, dass der Verband in diesen neuen Gewässern auf dem richtigen Kurs ist. Die MitarbeiterInnen bewerteten vor allem den Fortschritt beim digitalen Arbeiten sehr positiv: Zeitersparnis durch entfallende Arbeitswege und eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie war für eine große Mehrheit wichtig. Demgegenüber stand und stehen natürlich die reduzierten sozialen Kontakte, die zunehmend belastend sind. Gerade in Sachen Kommunikation stellte uns die Pandemie vor neue Herausforderungen: Die Führungskräfte waren hier besonders gefordert, alternative Wege des Austauschs zu entwickeln. Wir mussten alle dazulernen und uns in kürzester Zeit anders aufstellen und organisieren. Das ist, gerade dank unserer IT-Abteilung, wirklich gut gelungen. Anfängliche Probleme mit der Technik waren schnell behoben.
Mit der Zeit verbesserten sich die Routinen deutlich – die persönliche Zufriedenheit der Belegschaft mit dem Homeoffice lag im Juli 2020 bei rund 82 Prozent. Der Anteil der Mitarbeiter, die ihre Arbeit nach eigener Einschätzung im Homeoffice gleich gut oder besser als im Büro erledigen können, lag sogar bei 73 Prozent.
Sie mussten viele Entscheidungen treffen – oft zu Zeitpunkten, an denen die Datenlage zum neuen Virus noch sehr dünn war und Schutzmaßnahmen in der Politik noch zögerlich umgesetzt wurden. Keiner wusste genau, womit wir es als Gesellschaft zu tun haben werden. Wie haben Sie das Jahr ganz persönlich erlebt?
Ich habe die Verantwortung für rund 660 MitarbeiterInnen und den reibungslosen Betrieb von 43 Kläranlagen, zahlreichen Sonderbauwerken, sechs Talsperren und viele Flusskilometer – mir war von Anfang an klar, dass ich lieber in der Rückschau zu umsichtig gewesen sein möchte, als die Gesundheit meiner Mannschaft und den funktionierenden Betrieb des Verbands zu riskieren. Klare, frühzeitige Entscheidungen, gerade im übergeordneten Durcheinander aus Corona-Verordnungen, geben die Orientierung, die es in Krisensituationen braucht. Und wie immer, wenn man Entscheidungen trifft, nimmt man in Kauf, dass man die eine oder andere im Nachgang anders beurteilt. Auch wenn das Corona-Jahr bis hierher immer wieder sehr herausfordernd war, bereue ich unseren Kurs tatsächlich an keiner Stelle. Ich bin stolz auf das, wie wir als Verband – trotz Pandemie –aufgestellt sind. Seit März 2020 hatten wir 164 Verdachts- und Quarantänefälle in der Belegschaft. Zum Glück erkrankten nur neun von ihnen und alle sind inzwischen wieder genesen. Zu krankheitsbedingten Ausfällen der Infrastruktur kam es zu keinem Zeitpunkt. Viele Gespräche, Beratungen und Abstimmungen haben dies möglich gemacht und immer wieder höre ich von MitarbeiterInnen, dass sie dankbar sind, sich von ihrem Arbeitgeber geschützt zu wissen – das lohnt die Mühe.
Welche Lehren haben wir aus Corona bzw. der dadurch einsetzenden Digitalisierung gezogen, und wie soll es in Zukunft weitergehen?
Corona hat einige Prozesse, wie den des mobilen Arbeitens, deutlich beschleunigt und vorangetrieben. Dinge, die mit Bedenken und Misstrauen immer wieder als unmöglich abgetan wurden, funktionieren nun im Arbeitsalltag. Hier können und wollen wir drauf aufbauen und weiter voran gehen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Reichert!
Ich danke ebenfalls für das Gespräch.
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